Paraphrasen 2015 | New4Art Quartett
Faristamo Susi & Judith Wegmann – Pianos
Jens Ruland & Julien Megroz – Schlagzeuge
Das Programm
Improvisation
PARAPHRASE I – Präludium
George Crumb (*1929) MUSIC FOR A SUMMER EVENING (1974)
(Makrokosmos, Volume III) for 2 amplified
Pianos and Percussion (two Players)
Nocturnal Sounds (The Awakening)
Wanderer-Fantasy
The Advent
Myth
Music of the Starry Night
Nik Bärtsch (*1971) Auftragskomposition
Steve Reich (*1936) PIANO PHASE (1967) für zwei Klaviere
Improvisation
PARAPHRASE II – Peractio
... und seine Hintergründe
Wir sind, einzeln und als Ensemble, leidenschaftlich auf den Klangspuren der Moderne und der Gegenwart. Dabei sind wir auf zwei amerikanische Komponisten der 70er und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts gestossen, die den Auftakt für unsere Programmkomposition bilden. Es sind in keiner Weise Zwillinge, sondern, ganz im Gegenteil, jeweils sehr eigenständige Klangwelten, die sich da eröffnen (Details weiter unten). Hören wir sie an und bejahen ihre unterschiedlichen Stärken, werden wir unsererseits angefeuert zu klingenden Kommentaren – das sind die improvisierten „Paraphrasen“, die das Konzert eröffnen und abschliessen. Mit Nik Bärtsch haben wir den bevorzugten Partner gewinnen können, um die Klangwelten der beiden Amerikaner in der festen Form eines auf uns bezogenen (Auftrags-)Werks zu verbinden und weiterzuführen.
Die Komponierenden und ihre Werke
George Crumb (*1929) und sein Werk Music for a summer evening (1974)
Crumb zählt zu den wichtigsten und innovativsten nordamerikanischen Komponisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Schaffen ist geprägt von Debussy, Mahler und Bartók. Seine Kompositionen zeichnen sich durch ungewöhnliche Besetzungen aus sowie durch unorthodoxe Nutzung des instrumentalen Spektrums. Das ist auch so bei seiner „Makrokosmos“-Serie für verstärkte Klaviere 1972-1974, dessen dritten Part wir zur Aufführung bringen. In ihr werden phantastische, traumähnliche Klanglandschaften eröffnet, entstehen Klangbilder von vorder- und von hintergründiger Art, ist vieles komponiert und mehr noch angedeutet. Crumb liefert dafür eine existentielle Erklärung: „Die Tatsache, dass ich in einem Flusstal in den Appalachen aufwuchs, hatte zur Folge, dass sich mein Ohr auf eine ganz spezielle Echoakustik einstellte, diese Akustik hat sich meinem Gehör gleichsam eingeschrieben und bildet die akustische Grundlage all meiner Musik.“ Intensiviert werden die unterschiedlichen Ebenen durch die elektronische Verstärkung der Klaviere, die sowohl in Forte- als auch in Pianissimo-Bereichen neue Farben und Mischungen hörbar machen können.
Nik Bärtsch (*1971) und seine Auftragskomposition Manta Mantra
Nik Bärtsch eröffnet seinen Eigentext auf: nikbaertsch.com mit dem Stichwort Ekstase durch Askese, zeigt damit eine Essenz an, die sein Leben ebenso charakterisiert wie seine musikalischen Strategien. Der vielseitig ausgebildete Pianist und Schlagzeuger verbindet mehrere Studienbereiche (neben Musik auch Philosophie, Linguistik und Musikwissenschaft), mehrere Klangwelten (neben der europäischen Klassik auch Jazz und fernöstliche Klangkultur und teilt seine musikalischen Wege mit mehreren Ensembles (wie etwa das Ensemble für Neue Musik Zürich ab 1993, Mobile ab 1997, Ronin ab 2001). Nur zweierlei dürfen wir festhalten: Wir übernehmen als Auftraggebende in dieser Konzertserie seine Uraufführung, und wir wissen, dass Nik seine Bezugspunkte (hier: Crumb, Reich, uns ...) nicht zu kombinieren, sondern zu verschmelzen pflegt. Wir werden nicht Zitate hören, sondern neue Wege gehen miteinander.
Steve Reich (*1936) und sein Werk Piano Phase (1967)
Dem Jungen wurde sein Musikerweg nicht in die Wiege gelegt. Erst von der Philosophie aus, mit dem Weg über die Musikwissenschaft, wurde die Komposition zu seinem Lebensfeld. 1958 setzt sein musikalisches Schaffen ein und wurde früh geprägt von der Wahrnehmung von und dem Umgang mit Pattern, mit einzelnen Tonfolgen, die er in so unterschiedlichen Bereichen wie einem Strassenprediger und afrikanischen Trommeln hörte, festhielt und zu bearbeiten begann. Den Anfang machten Experimente mit Aufnahmen – mit Piano Phase überträgt er das technisch kontrollierte Arbeiten in den Risikobereich der zwischenmenschlichen Kommunikation. Piano Phase, im Original für zwei Klaviere verfasst, arbeitet mit dem Phänomen der Phasenverschiebung: Zwei Patterns legen sich übereinander, verschieben sich dank Tempoveränderungen der einen Spielerin allmählich, bilden neue Zusammenklänge. Musik bewegt sich durch ein zeitgebundenes Kaleidoskop und eröffnet den Zuhörenden eine ebenso kontrollierte wie reichhaltige Vielfalt neuer Klangkombinationen, weitet durch das zeitweise Verlassen der Homorhythmik den akustischen Raum.
Das New4Art Quartett (*2012) und seine Paraphrasen
Seit 2012 verbinden sich im Ensemble New4Art die Qualitäten und Sichtweisen von vier Musikschaffenden, die sich je einzeln bereits durch eine grosse Weitsicht und Mut zum grenzüberschreitenden Experiment auszeichnen. Hier legen sie ihr neuestes Konzertprojekt vor. Und über die Ausführung gegebenen musikalischen Texts hinaus steuern sie ihre Paraphrasen (das «Entlang-Reden», das «Hinzuspielen») bei. Sie nehmen Mass beim einen Pol, der Musik, nehmen sie auf, verarbeiten sie individuell und gemeinsam, formulieren neue Brücken von den Werken zu den Hörenden, nehmen Gegebenes auf und spinnen es unter dem Vorzeichen des Moments weiter.
Tourneedaten 2014/2015:
2014